Hexenforum hinterm Schwarzdorn
Redewendungen Teil III
"Sich wie gerädert fühlen" Rädern war keine Folter, sondern eine der grausamsten Todesstrafen, die im Mittelalter verhängt werden konnten, weil sie mit unmenschlichen Schmerzen verbunden war. Bei dieser Strafe für Straßendiebe und Mordbrenner wurde dem Verurteilten ein schweres Wagenrad auf die Arme und Beine gewuchtet, bis die Knochen in viele Stücke zerbrochen waren. Diese schon äußerst schmerzhafte Prozedur wurde fortgesetzt, indem die gebrochenen Gliedmaßen in die Speichen des Rades geflochten wurden. Schließlich wurde das Rad auf einen Pfahl gesteckt, und der Sünder musste in dieser Stellung auf den Tod warten. Kaum zu glauben, aber diese Art der Hinrichtung wurde bis ins 19. Jahrhundert praktiziert. "Den Garaus machen" Ursprünglich benutzte man die Kombination "Gar aus!" im Mittelalter, um die "Polizeistunde", nach der nichts mehr ausgeschenkt werden durfte, mit diesem Ruf bekannt zu geben. Nach und nach verselbständigte sich der Ausdruck zu einem zusammengezogenen Substantiv, wurde auf diese spezielle Nachtzeit gemünzt und dann auch mit dem zugehörigen Glockenläuten vom Kirchturm in Verbindung gebracht. Auf den Tod übertragen hat man später den Begriff, weil eine der Hauptaufgaben der Kirchenglocken ist, bei Totenmessen und Beerdigungen zu läuten. "Sich die Sporen verdienen" Bevor ein adeliger Knabe den Ritterschlag erhalten konnte, der ihn zu einem vollwertigen Mitglied dieser Schicht machte, musste er sieben Jahre lang als Page dienen, um Erfahrungen im Umgang bei Hofe zu sammeln - er musste lernen, "höflich" zu sein. Sieben weitere Jahre diente er dann als Knappe bei einem Ritter, bei dem er das Waffenhandwerk erlernte. Er führte schon Waffen, trug auch schon Sporen und durfte an Kampfspielen teilnehmen. Mit 21 Jahren empfing er die Schwertleite, die im 14. Jahrhundert durch den Ritterschlag abgelöst wurde, wenn er sich durch Mut und Treue ausgezeichnet hatte. Dabei wurden ihm goldene Sporen angelegt. Dass er diese Würde verdient hatte, musste er in der nächsten Schlacht in der ersten Kampflinie beweisen. "Vom Leder ziehen" Die Arbeit eines Barbiers erforderte ein möglichst scharfes Rasiermesser - "haarscharf" eben. Den letzten Schliff verpasste ihm der Meister mit Hilfe eines Lederriemens, auf dem er die Klinge unter Druck hin und her gleiten ließ. Dennoch weist die Redewendung vielmehr auf die Bewaffnung des Kriegers mit Hieb- und Stichwaffen hin. Dolche, Messer und vor allem Schwerter steckten, wenn sie nicht gerade in Benutzung waren, in ledernen Scheiden, damit sich der Träger nicht versehentlich an ihnen verletzen konnte. Wenn der Ritter das Schwert "vom Leder" zog, wurde es ernst. "Die Hand ins Feuer legen" Dieses mittelalterliche Gottesurteil war sicher eines der schmerzhaftesten, denn der Angeklagte musste bei der Feuerprobe die Hand ins Feuer halten. Als unschuldig galt, wer sich entweder gar nicht verbrannte - was sicher sehr selten vorkam - oder wessen Wunden in kürzester Frist wieder verheilt waren. Von einem ähnlichen Gottesurteil ist die Redewendung "ein heißes Eisen anfassen" erhalten geblieben; in der sogenannten Eisenprobe musste der Beschuldigte ein glühendes Metallstück tragen. Übrigens konnte auch ein anderer Bürger, der von der Unschuld des Angeklagten überzeugt war, stellvertretend diese Proben auf sich nehmen. Es ist nicht bekannt, ob sich jemals jemand dazu bereit gefunden hat. Kein Wunder, dass wir heute noch sagen: "Da möchte ich mir lieber nicht die Finger verbrennen!" "Etwas aus dem Hut ziehen" Die Redensart geht zurück auf die Gewohnheit der Bogenschützen, unter ihrem Helm, auch eiserner Hut genannt, Ersatz-Sehnen mit sich herum zu tragen. Diese konnten im Falle, dass die Sehne ihres Bogens riss, aus dem Hut gezogen und gespannt werden - der Kampf konnte dann ohne wesentliche Verzögerung weitergehen. Weil das "Ersatzteil-Lager" nicht sichtbar war, kam die Reparatur für den Feind überraschend. "Zur Sau machen" Im Mittelalter wurden Täter von kleineren Vergehen oft dazu verurteilt, zum allgemeinen Gespött einen Hund oder ein Schwein durch die Stadt zu tragen. Später wurde das Tier durch eine Maske in Tierform ersetzt. Das Tragen einer solchen Schandmaske, zum Beispiel eines wie ein Schweinekopf geformten eisernen Korbes, war eine verbreitete Ehrstrafe, denn sie gab den Täter der Lächerlichkeit preis. Für verschiedene Vergehen gab es passende Masken, die möglichst etwas mit der Tat zu tun haben sollten. Das Schwein galt, weil es sich gern im Schlamm suhlt, als schmutziges Tier (was bekanntlich nicht stimmt). Deshalb sagt man bis heute von Menschen, die sich hemmungslos gehen lassen, dass sie "die Sau rauslassen." Der Ausdruck "unter aller Sau" dagegen hat mit Schweinereien nichts zu tun. Er leitet sich vielmehr aus dem jiddischen Wort "seo" für "Maßstab" ab, welches die Volksetymologie zu "Sau" gemacht hat. "Unter die Haube kommen" Für eine verheiratete Frau im Mittelalter war es unschicklich, ohne Kopfbedeckung aus dem Haus zu gehen. Das Haar offen zu tragen, war Symbol der Jungfräulichkeit. Die Haube wurde am Tag der Hochzeit aufgesetzt, und kennzeichnete so den Ehestand. "Unter einen Hut bringen" drückte den Machtanspruch des Ehemannes über seine Frau aus: Sie musste akzeptieren, dass er den Hut auf hatte, das Symbol der Herrschaft. "Auf den Leim gehen" Jahrhundertelang war es üblich, Singvögel in Mengen zu fangen. Ein Teil davon wurde in Käfigen gehalten, bevorzugt der Fichtenkreuzschnabel oder andere Finken, da diese Vögel schön singen. Viele Singvögel, vor allem Amseln und Drosseln wurden aber auch auf die Speisekarte gesetzt, teilweise, um im Winter die nahrungsarme Zeit zu überstehen, aber auch als Delikatesse. Die Vogelfänger arbeiteten in der Regel entweder mit Netzen oder mit Ruten, die mit Leim oder Pech bestrichen waren. Ein Lockvogel in einem daneben gestellten Käfig suggerierte den Opfern die Harmlosigkeit der Leimrute, und die kleinen Sänger blieben mit Füßen und Flügeln kleben und konnten eingesammelt werden - Pechvögel eben. "Das Wasser nicht reichen können" Bei einem mittelalterlichen Bankett herrschte zwar Überfluss in Sachen Speisen und Getränke, das Essbesteck aber war im Vergleich zu heute erstaunlich einfach. Es gab nur Löffel für die Suppe, ansonsten wurde mit den Fingern gegessen. Um diese vor und nach der Mahlzeit zu reinigen, konnten sich die Gäste Wasser über die Hände gießen lassen. Es ist in vielen mittelalterlichen Quellen bezeugt, dass das "wazzer nemen" ganz selbstverständlich zum Gastmahl gehörte. Das Wasser wurde den adeligen Festteilnehmern von einem Pagen offeriert, also einem Edelknaben, der am Hofe des Gastgebers diente. Ein niederer Angestellter, etwa ein Knecht, hätte den hochgestellten Gästen nicht "das Wasser reichen können", er hätte ja im sozialen Niveau weit unter ihnen gestanden. "Einen Stein im Brett haben" Im Mittelalter gab es ein beliebtes Brettspiel namens "Puff", auch "Trictrac" genannt. Es war dem heutigen Backgammon ähnlich. Wer zwei Felder nebeneinander besetzen konnte, hatte einen guten Stein im Brett. Der Ausdruck "Puff" für Bordell geht auf dieses Spiel zurück, da es dort häufig gespielt wurde, man ging also zum Puff. Die Redewendung wurde in dem Sinn benutzt, dass ein Vertrauter vor Ort, der einem bei Problemen mit der Obrigkeit helfen kann, wie ein guter Stein im Brett ist. "Um die Hand anhalten" Jahrhunderte lang kam für die Frau nur die traditionelle Rolle als Hausfrau und Mutter in Frage. Ein selbständiger Gelderwerb war undenkbar. Noch weit ins 20. Jahrhundert hinein waren viele Frauen völlig auf die Fürsorge eines Mannes angewiesen. Dieser Mann war erst der Vater. Bei der Heirat ging die Verantwortung an den Ehemann über. Dies wurde symbolisch dadurch ausgedrückt, dass der Vater dem Bräutigam feierlich die Jungfrau an der Hand zuführte. Dann legte der Vormund die Hand der Braut in die des Bräutigams. Die Hand, das wichtigste Werkzeug des Menschen, war schon immer ein Symbol der Macht, des Besitzes und Schutzes und stand auch symbolisch für den ganzen Menschen. Insofern meinte der Freier natürlich die ganze Frau, wenn er um deren Hand anhielt. In der Zeit der symbolischen Gesten war übrigens auch der Fuß wichtig; auf den musste der Mann der Angetrauten treten, um die "Inbesitznahme" perfekt zu machen. "Ein Schlitzohr sein" Alle Gesellen trugen einen goldenen Ohrring, der ihr Notgroschen, ihre eiserne Reserve war. Hatte ein Geselle grob gegen Regeln verstoßen oder war sogar straffällig geworden, so wurde ihm vom Meister dieser Ring vom Ohr gerissen, was eine schlitzförmige Narbe hinterließ - eine Warnung an weitere Arbeitgeber oder Meister. "Jemanden hänseln" Mit dem Bruder von Gretel hat diese Redensart nichts zu tun. Vielmehr geht sie zurück auf die Hanse, vom 12. bis zum 17. Jahrhundert die wichtigste Handelsvereinigung Mittel- und Nordeuropas. In diese Gemeinschaft aufgenommen zu werden, brachte viele Vorteile mit sich. Allerdings erschwerten die Mitglieder die Neuaufnahme durch Proben, die ein Bewerber zu absolvieren hatte. Diese Aufnahmezeremonien wurden schon 1259 durchaus ernsthaft "Hänseln" genannt und waren drastischer, ja geradezu derber Natur. Man ließ die Kandidaten klobige Pillen oder üble Flüssigkeiten hinunterwürgen, warf sie in einen Sumpf oder in eisiges Wasser. Daher hat sich das Hänseln in der Bezeichnung "jemanden ärgern" bis heute gehalten. "Ein Quacksalber sein" Der Bader war im Mittelalter, als die Medizin noch in den Kinderschuhen steckte und sich hauptsächlich auf die Lehre von den vier Säften beschränkte, neben den Kräuterfrauen die einzige Erste-Hilfe-Station. Er war zuständig für Knochenbrüche und andere Verletzungen, legte Verbände an und gab das eine oder andere pflanzliche Heilmittel zur äußeren oder inneren Anwendung. Quacksalber nannte man die Scharlatane und Wunderdoktoren, die mit einer Salbe alle Übel zu heilen vorgaben. Ausgangspunkt dieses Begriffs ist vermutlich das Quecksilber, ein wichtiger Bestandteil einer Salbe gegen Syphilis. Eine andere Deutung bezieht sich auf die Wörter "kwakken - prahlen" und "zalf - Salbe". "Im Schlaraffenland leben" "Slur" bedeutet im Mittelhochdeutschen "fauler Mensch". Im 14. Jahrhundert war ein "Slur-affe" ein Müßiggänger. Faulheit und Müßiggang wurden damals verachtet. Man sprach vom "Schluraffenlandt", und der Volksphantasie waren keine Grenzen gesetzt, sich die Lebensweise der "Schluraffen" in den sattesten Farben auszumalen. "Das Blatt wendet sich" Um Johannis, also nach der Sommersonnenwende, findet in der Natur ein eigenartiges Phänomen statt. Es senken bzw. wenden sich die Blätter an fast allen Bäumen mehr oder weniger stark, um mehr Regen durchzulassen. An den gewendeten Baumblättern kann man erkennen, dass der längste Tag vorbei und der Höhepunkt des Jahres überschritten ist. Die Redewendung bezog sich zuerst nur auf die Jahreszeiten, wurde im übertragenen Sinn später auf die Wendungen des Schicksals erweitert. "Schwein gehabt" Schon im Mittelalter gab es Wettbewerbe und Preiskämpfe in vielen Disziplinen. Darunter waren Pferderennen und Schießwettbewerbe mit Bogen oder Armbrust am beliebtesten. Je nach Anlass wurden hohe Preise ausgelobt. Der Letzte gewann einen "Trostpreis", der auch gleichzeitig ein "Spottpreis" war, nämlich ein Schwein. Die Schande, ein Schwein durch die Stadt treiben zu müssen, scheint größer gewesen zu sein als das Glück, immerhin noch ein ganzes Schwein mit nachhause nehmen zu können. Zwar hatte man sich lächerlich gemacht, aber auch etwas relativ Wertvolles abbekommen, also: Glück im Unglück. "Die Tafel aufheben" Die Einrichtung mittelalterlicher Burgen war weitaus schlichter, als sich das die meisten Menschen heute vorstellen. Der "Rittersaal" war relativ leer, die Gäste des Hausherrn nahmen auf einfachen Bänken Platz, und die Speisen standen auf großen Brettern, die auf Holzböcken lagen. Die Tafeln wurden nach dem Mahl mit allem, was darauf stand, mit Speiseresten und benutztem Geschirr, aufgehoben und aus dem Saal getragen. Schon sehr lange werden keine Tischplatten mehr aus dem Raum getragen, und dennoch hat sich die Redensart bis heute gehalten als Signal, dass eine Mahlzeit beendet ist. "Unter einer Decke stecken" Zwangsheiraten waren im Mittelalter üblich. Die Verheiratung der Kinder wurde meist von den Eltern betrieben, wobei andere Faktoren eine Rolle spielten als Zuneigung. Das ganze ähnelte eher einem Geschäft oder Zweckbündnis. Laut "Sachsenspiegel" von 1220 gehörte es zu den symbolischen Rechtsakten, dass eine Ehe erst dann als rechtmäßig geschlossen galt, wenn die frisch Vermählten zusammen und vor Zeugen ins Bett gestiegen waren und sich zugedeckt hatten, also unter einer Decke steckten. In den höfischen Ritterepen wird außerdem berichtet, dass auch Ritter eine Bettstatt teilten, wenn es, zum Beispiel bei Festen auf Burgen, zu wenige Kammern gab. Selbstverständlich jedoch schliefen nur Freunde, die sich trauten, dass heißt vertrauten, unter einer Decke. "Einen Korb geben" Ein weit verbreiteter Brauch im Mittelalter: Freiern, die unter dem Fenster ihrer Angebeteten standen, wurde ein Korb aus dem Fenster heruntergelassen. Darin konnten sie sich zu ihr hochziehen lassen. Einem nicht willkommenen Freier schickte die Dame einen Korb mit beschädigtem Boden, der unter dem Gewicht des Mannes dann heraus brach. Diese "bodenlose" Gemeinheit ließ den Liebhaber "durchfallen". Eine andere Variante der Abweisung bestand darin, das Hochziehen eines intakten Korbes auf halber Höhe zu stoppen, den Freier also "hängen zu lassen". "Eine Eselsbrücke bauen" Esel gelten als dumm und störrisch. Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Esel wissen genau, was sie wollen und was nicht, und dafür gibt es dann auch einen guten Grund. Zum Beispiel weigern sich Esel, auf einer Brücke, die keinen geschlossenen Boden hat, einen Fluss zu überqueren. Diese Vorsicht ist nur natürlich, denn das Tier weiß ja nicht, dass seine Scheu unbegründet ist. Im Mittelalter verstand man also unter einer Eselsbrücke eine Schwierigkeit, die nur für Dumme gilt, keine echte, sondern nur eine vermeintliche Gefahr. Diese Erklärung ging im Laufe der Zeit verloren, so dass man die Wendung heute genau umgekehrt versteht, dass nämlich für den Esel, also den angeblich Dummen, eine Hilfskonstruktion errichtet wird, die ihm hilft, eine Schwierigkeit zu überwinden. "Aus dem Stegreif" Dieses Substantiv reicht schon ins Althochdeutsche zurück. Der Begriff hat mit dem Stehen nichts zu tun und ist deshalb kein "Steh-Greif", sondern müsste "Steg-Reif" geschrieben werden. Es handelt sich um die alte Bezeichnung für den Steigbügel, der früher mehr wie ein Reif, also ein Ring, geformt war. Um größere Aufmerksamkeit zu erzielen, verlasen Kuriere oder Herolde die Botschaften ihres Herrn, ohne vom Pferd zu steigen. Sie erhoben sich vielmehr aus dem Sattel, blieben also in den Stegreifen, den Steigbügeln. Deshalb bezieht sich die Redensart auf den eiligen Reiter, der etwas erledigt, ohne abzusteigen. Später veränderte sich der Sinn dieser Wendung hin zum Spontanen, Improvisierten. "Die Kurve kratzen" Die mittelalterlichen Städte hatten enge Gassen, die eigentlich nur für Fußgänger und für von Eseln gezogene Karren gedacht waren. Als Kutschen aufkamen, hatten diese oft Schwierigkeiten, um die Ecken zu biegen, ohne die Wände der Häuser zu berühren, vor allem, wenn sie ein bestimmtes Tempo überschritten. Dann kratzten die vorstehenden Naben der Wagenräder an den Hausecken, oder die Seitenwände der Wagen beschädigten diese. Um das zu verhindern, ließen sich die Bewohner von Eckhäusern etwas einfallen. Sie ließen große Steinblöcke, auch "Kratzsteine" genannt, dicht an der Hausecke so in den Boden ein, dass sie weit emporragten. Die Lenker der Pferdewagen waren dann gezwungen, Abstand zu halten, wenn sie nicht einen Radbruch riskieren wollten. "Türmen" Das Gefängnis der Stadt, der Kerker, war im Mittelalter meist in einem der Stadttürme untergebracht. Es war sicher das Ziel eines jeden Häftlings, hier heraus zu "türmen". "Auf Heller und Pfennig" Ein Heller ist eine seit 1228 geprägte Kupfermünze, die nach der Stadt Schwäbisch Hall benannt wurde, während der Pfennig schon von Karl dem Großen als kleinste Münze eingeführt wurde. Wenn man also etwas "auf Heller und Pfennig" bezahlt, will man nicht die geringste Summe schuldig bleiben. Genauso ist jemand, der "keinen Heller wert" ist, auch heute noch ein nichtsnutziger Mensch, man könnte sogar sagen: "keinen Pfifferling wert", denn dieser Pilz war im Gegensatz zu heute so weit verbreitet, dass es sich nicht lohnte, ihn auf dem Markt zu verkaufen. Ein Deut war eine niederländische Münze und hatte den Wert von ungefähr 2 Pfennigen. Wer also "keinen Deut besser" ist, ist ein genauso schlechter Kerl. "Mit jemandem Deutsch reden" Das Wort "diutisc - deutsch" erscheint zum ersten Mal in einem althochdeutschen Dokument aus dem Jahre 786 und bedeutete damals in etwa "volksmäßig", im Gegensatz zum Lateinischen. Von "Deutsch" im heutigen Sinne kann dabei allerdings kaum gesprochen werden. Wir hätten dieses "Deutsch" nicht verstanden. Bis ins späte Mittelalter und in die Neuzeit hinein lebte Latein als Gelehrten- und Kirchensprache weiter und war dem Volk unverständlich. Die Reformation hatte nicht zuletzt dadurch Erfolg bei den Menschen, weil sie auf Latein als Gottesdienst-Sprache verzichtete. "Mit jemandem Deutsch reden" bedeutete damals, ""für jedermann verständlich" zu sprechen. "Geld bei etwas herausschlagen" Geld wurde im Mittelalter nicht mittels einer Presse hergestellt, sondern aus dem Metall geschlagen. Die Redewendung bedeutet also eigentlich, dass man z.B. aus einem Silberbarren durch einen Prägeschlag möglichst viele Münzen - heute würde man sagen, Kapital - "heraus schlägt". "In den Wind schlagen" Im "Sachsenspiegel" aus dem 13. Jahrhundert, dem ersten deutschen Rechtsbuch, wird beschrieben, wie damit umzugehen war, wenn ein Beklagter nicht zu einem gerichtlich angeordneten Zweikampf erschien. Ein Gerichtskampf war damals ein anerkanntes Mittel, ein Gottesurteil einzuholen. Wenn also der Kläger sich nicht mit dem Beklagten schlagen konnte, ging man davon aus, dass dieser damit seine Schuld eingestanden hatte. Damit aber der Kläger als Sieger vom Platz gehen konnte, musste er drei Mal in den Wind schlagen, was wohl als symbolische Kampf-Geste zu werten ist. Erst mit dieser Rechtsgebärde hatte er den Zweikampf offiziell gewonnen. Die typische "wegwerfende Handbewegung", die heute noch ausdrückt, dass man eine andere Meinung nicht akzeptiert, ist ebenfalls noch ein letzter Rest vom "In den Wind schlagen".
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Redewendungen Teil III
"Sich wie gerädert fühlen" Rädern war keine Folter, sondern eine der grausamsten Todesstrafen, die im Mittelalter verhängt werden konnten, weil sie mit unmenschlichen Schmerzen verbunden war. Bei dieser Strafe für Straßendiebe und Mordbrenner wurde dem Verurteilten ein schweres Wagenrad auf die Arme und Beine gewuchtet, bis die Knochen in viele Stücke zerbrochen waren. Diese schon äußerst schmerzhafte Prozedur wurde fortgesetzt, indem die gebrochenen Gliedmaßen in die Speichen des Rades geflochten wurden. Schließlich wurde das Rad auf einen Pfahl gesteckt, und der Sünder musste in dieser Stellung auf den Tod warten. Kaum zu glauben, aber diese Art der Hinrichtung wurde bis ins 19. Jahrhundert praktiziert. "Den Garaus machen" Ursprünglich benutzte man die Kombination "Gar aus!" im Mittelalter, um die "Polizeistunde", nach der nichts mehr ausgeschenkt werden durfte, mit diesem Ruf bekannt zu geben. Nach und nach verselbständigte sich der Ausdruck zu einem zusammengezogenen Substantiv, wurde auf diese spezielle Nachtzeit gemünzt und dann auch mit dem zugehörigen Glockenläuten vom Kirchturm in Verbindung gebracht. Auf den Tod übertragen hat man später den Begriff, weil eine der Hauptaufgaben der Kirchenglocken ist, bei Totenmessen und Beerdigungen zu läuten. "Sich die Sporen verdienen" Bevor ein adeliger Knabe den Ritterschlag erhalten konnte, der ihn zu einem vollwertigen Mitglied dieser Schicht machte, musste er sieben Jahre lang als Page dienen, um Erfahrungen im Umgang bei Hofe zu sammeln - er musste lernen, "höflich" zu sein. Sieben weitere Jahre diente er dann als Knappe bei einem Ritter, bei dem er das Waffenhandwerk erlernte. Er führte schon Waffen, trug auch schon Sporen und durfte an Kampfspielen teilnehmen. Mit 21 Jahren empfing er die Schwertleite, die im 14. Jahrhundert durch den Ritterschlag abgelöst wurde, wenn er sich durch Mut und Treue ausgezeichnet hatte. Dabei wurden ihm goldene Sporen angelegt. Dass er diese Würde verdient hatte, musste er in der nächsten Schlacht in der ersten Kampflinie beweisen. "Vom Leder ziehen" Die Arbeit eines Barbiers erforderte ein möglichst scharfes Rasiermesser - "haarscharf" eben. Den letzten Schliff verpasste ihm der Meister mit Hilfe eines Lederriemens, auf dem er die Klinge unter Druck hin und her gleiten ließ. Dennoch weist die Redewendung vielmehr auf die Bewaffnung des Kriegers mit Hieb- und Stichwaffen hin. Dolche, Messer und vor allem Schwerter steckten, wenn sie nicht gerade in Benutzung waren, in ledernen Scheiden, damit sich der Träger nicht versehentlich an ihnen verletzen konnte. Wenn der Ritter das Schwert "vom Leder" zog, wurde es ernst. "Die Hand ins Feuer legen" Dieses mittelalterliche Gottesurteil war sicher eines der schmerzhaftesten, denn der Angeklagte musste bei der Feuerprobe die Hand ins Feuer halten. Als unschuldig galt, wer sich entweder gar nicht verbrannte - was sicher sehr selten vorkam - oder wessen Wunden in kürzester Frist wieder verheilt waren. Von einem ähnlichen Gottesurteil ist die Redewendung "ein heißes Eisen anfassen" erhalten geblieben; in der sogenannten Eisenprobe musste der Beschuldigte ein glühendes Metallstück tragen. Übrigens konnte auch ein anderer Bürger, der von der Unschuld des Angeklagten überzeugt war, stellvertretend diese Proben auf sich nehmen. Es ist nicht bekannt, ob sich jemals jemand dazu bereit gefunden hat. Kein Wunder, dass wir heute noch sagen: "Da möchte ich mir lieber nicht die Finger verbrennen!" "Etwas aus dem Hut ziehen" Die Redensart geht zurück auf die Gewohnheit der Bogenschützen, unter ihrem Helm, auch eiserner Hut genannt, Ersatz-Sehnen mit sich herum zu tragen. Diese konnten im Falle, dass die Sehne ihres Bogens riss, aus dem Hut gezogen und gespannt werden - der Kampf konnte dann ohne wesentliche Verzögerung weitergehen. Weil das "Ersatzteil-Lager" nicht sichtbar war, kam die Reparatur für den Feind überraschend. "Zur Sau machen" Im Mittelalter wurden Täter von kleineren Vergehen oft dazu verurteilt, zum allgemeinen Gespött einen Hund oder ein Schwein durch die Stadt zu tragen. Später wurde das Tier durch eine Maske in Tierform ersetzt. Das Tragen einer solchen Schandmaske, zum Beispiel eines wie ein Schweinekopf geformten eisernen Korbes, war eine verbreitete Ehrstrafe, denn sie gab den Täter der Lächerlichkeit preis. Für verschiedene Vergehen gab es passende Masken, die möglichst etwas mit der Tat zu tun haben sollten. Das Schwein galt, weil es sich gern im Schlamm suhlt, als schmutziges Tier (was bekanntlich nicht stimmt). Deshalb sagt man bis heute von Menschen, die sich hemmungslos gehen lassen, dass sie "die Sau rauslassen." Der Ausdruck "unter aller Sau" dagegen hat mit Schweinereien nichts zu tun. Er leitet sich vielmehr aus dem jiddischen Wort "seo" für "Maßstab" ab, welches die Volksetymologie zu "Sau" gemacht hat. "Unter die Haube kommen" Für eine verheiratete Frau im Mittelalter war es unschicklich, ohne Kopfbedeckung aus dem Haus zu gehen. Das Haar offen zu tragen, war Symbol der Jungfräulichkeit. Die Haube wurde am Tag der Hochzeit aufgesetzt, und kennzeichnete so den Ehestand. "Unter einen Hut bringen" drückte den Machtanspruch des Ehemannes über seine Frau aus: Sie musste akzeptieren, dass er den Hut auf hatte, das Symbol der Herrschaft. "Auf den Leim gehen" Jahrhundertelang war es üblich, Singvögel in Mengen zu fangen. Ein Teil davon wurde in Käfigen gehalten, bevorzugt der Fichtenkreuzschnabel oder andere Finken, da diese Vögel schön singen. Viele Singvögel, vor allem Amseln und Drosseln wurden aber auch auf die Speisekarte gesetzt, teilweise, um im Winter die nahrungsarme Zeit zu überstehen, aber auch als Delikatesse. Die Vogelfänger arbeiteten in der Regel entweder mit Netzen oder mit Ruten, die mit Leim oder Pech bestrichen waren. Ein Lockvogel in einem daneben gestellten Käfig suggerierte den Opfern die Harmlosigkeit der Leimrute, und die kleinen Sänger blieben mit Füßen und Flügeln kleben und konnten eingesammelt werden - Pechvögel eben. "Das Wasser nicht reichen können" Bei einem mittelalterlichen Bankett herrschte zwar Überfluss in Sachen Speisen und Getränke, das Essbesteck aber war im Vergleich zu heute erstaunlich einfach. Es gab nur Löffel für die Suppe, ansonsten wurde mit den Fingern gegessen. Um diese vor und nach der Mahlzeit zu reinigen, konnten sich die Gäste Wasser über die Hände gießen lassen. Es ist in vielen mittelalterlichen Quellen bezeugt, dass das "wazzer nemen" ganz selbstverständlich zum Gastmahl gehörte. Das Wasser wurde den adeligen Festteilnehmern von einem Pagen offeriert, also einem Edelknaben, der am Hofe des Gastgebers diente. Ein niederer Angestellter, etwa ein Knecht, hätte den hochgestellten Gästen nicht "das Wasser reichen können", er hätte ja im sozialen Niveau weit unter ihnen gestanden. "Einen Stein im Brett haben" Im Mittelalter gab es ein beliebtes Brettspiel namens "Puff", auch "Trictrac" genannt. Es war dem heutigen Backgammon ähnlich. Wer zwei Felder nebeneinander besetzen konnte, hatte einen guten Stein im Brett. Der Ausdruck "Puff" für Bordell geht auf dieses Spiel zurück, da es dort häufig gespielt wurde, man ging also zum Puff. Die Redewendung wurde in dem Sinn benutzt, dass ein Vertrauter vor Ort, der einem bei Problemen mit der Obrigkeit helfen kann, wie ein guter Stein im Brett ist. "Um die Hand anhalten" Jahrhunderte lang kam für die Frau nur die traditionelle Rolle als Hausfrau und Mutter in Frage. Ein selbständiger Gelderwerb war undenkbar. Noch weit ins 20. Jahrhundert hinein waren viele Frauen völlig auf die Fürsorge eines Mannes angewiesen. Dieser Mann war erst der Vater. Bei der Heirat ging die Verantwortung an den Ehemann über. Dies wurde symbolisch dadurch ausgedrückt, dass der Vater dem Bräutigam feierlich die Jungfrau an der Hand zuführte. Dann legte der Vormund die Hand der Braut in die des Bräutigams. Die Hand, das wichtigste Werkzeug des Menschen, war schon immer ein Symbol der Macht, des Besitzes und Schutzes und stand auch symbolisch für den ganzen Menschen. Insofern meinte der Freier natürlich die ganze Frau, wenn er um deren Hand anhielt. In der Zeit der symbolischen Gesten war übrigens auch der Fuß wichtig; auf den musste der Mann der Angetrauten treten, um die "Inbesitznahme" perfekt zu machen. "Ein Schlitzohr sein" Alle Gesellen trugen einen goldenen Ohrring, der ihr Notgroschen, ihre eiserne Reserve war. Hatte ein Geselle grob gegen Regeln verstoßen oder war sogar straffällig geworden, so wurde ihm vom Meister dieser Ring vom Ohr gerissen, was eine schlitzförmige Narbe hinterließ - eine Warnung an weitere Arbeitgeber oder Meister. "Jemanden hänseln" Mit dem Bruder von Gretel hat diese Redensart nichts zu tun. Vielmehr geht sie zurück auf die Hanse, vom 12. bis zum 17. Jahrhundert die wichtigste Handelsvereinigung Mittel- und Nordeuropas. In diese Gemeinschaft aufgenommen zu werden, brachte viele Vorteile mit sich. Allerdings erschwerten die Mitglieder die Neuaufnahme durch Proben, die ein Bewerber zu absolvieren hatte. Diese Aufnahmezeremonien wurden schon 1259 durchaus ernsthaft "Hänseln" genannt und waren drastischer, ja geradezu derber Natur. Man ließ die Kandidaten klobige Pillen oder üble Flüssigkeiten hinunterwürgen, warf sie in einen Sumpf oder in eisiges Wasser. Daher hat sich das Hänseln in der Bezeichnung "jemanden ärgern" bis heute gehalten. "Ein Quacksalber sein" Der Bader war im Mittelalter, als die Medizin noch in den Kinderschuhen steckte und sich hauptsächlich auf die Lehre von den vier Säften beschränkte, neben den Kräuterfrauen die einzige Erste-Hilfe-Station. Er war zuständig für Knochenbrüche und andere Verletzungen, legte Verbände an und gab das eine oder andere pflanzliche Heilmittel zur äußeren oder inneren Anwendung. Quacksalber nannte man die Scharlatane und Wunderdoktoren, die mit einer Salbe alle Übel zu heilen vorgaben. Ausgangspunkt dieses Begriffs ist vermutlich das Quecksilber, ein wichtiger Bestandteil einer Salbe gegen Syphilis. Eine andere Deutung bezieht sich auf die Wörter "kwakken - prahlen" und "zalf - Salbe". "Im Schlaraffenland leben" "Slur" bedeutet im Mittelhochdeutschen "fauler Mensch". Im 14. Jahrhundert war ein "Slur- affe" ein Müßiggänger. Faulheit und Müßiggang wurden damals verachtet. Man sprach vom "Schluraffenlandt", und der Volksphantasie waren keine Grenzen gesetzt, sich die Lebensweise der "Schluraffen" in den sattesten Farben auszumalen. "Das Blatt wendet sich" Um Johannis, also nach der Sommersonnenwende, findet in der Natur ein eigenartiges Phänomen statt. Es senken bzw. wenden sich die Blätter an fast allen Bäumen mehr oder weniger stark, um mehr Regen durchzulassen. An den gewendeten Baumblättern kann man erkennen, dass der längste Tag vorbei und der Höhepunkt des Jahres überschritten ist. Die Redewendung bezog sich zuerst nur auf die Jahreszeiten, wurde im übertragenen Sinn später auf die Wendungen des Schicksals erweitert. "Schwein gehabt" Schon im Mittelalter gab es Wettbewerbe und Preiskämpfe in vielen Disziplinen. Darunter waren Pferderennen und Schießwettbewerbe mit Bogen oder Armbrust am beliebtesten. Je nach Anlass wurden hohe Preise ausgelobt. Der Letzte gewann einen "Trostpreis", der auch gleichzeitig ein "Spottpreis" war, nämlich ein Schwein. Die Schande, ein Schwein durch die Stadt treiben zu müssen, scheint größer gewesen zu sein als das Glück, immerhin noch ein ganzes Schwein mit nachhause nehmen zu können. Zwar hatte man sich lächerlich gemacht, aber auch etwas relativ Wertvolles abbekommen, also: Glück im Unglück. "Die Tafel aufheben" Die Einrichtung mittelalterlicher Burgen war weitaus schlichter, als sich das die meisten Menschen heute vorstellen. Der "Rittersaal" war relativ leer, die Gäste des Hausherrn nahmen auf einfachen Bänken Platz, und die Speisen standen auf großen Brettern, die auf Holzböcken lagen. Die Tafeln wurden nach dem Mahl mit allem, was darauf stand, mit Speiseresten und benutztem Geschirr, aufgehoben und aus dem Saal getragen. Schon sehr lange werden keine Tischplatten mehr aus dem Raum getragen, und dennoch hat sich die Redensart bis heute gehalten als Signal, dass eine Mahlzeit beendet ist. "Unter einer Decke stecken" Zwangsheiraten waren im Mittelalter üblich. Die Verheiratung der Kinder wurde meist von den Eltern betrieben, wobei andere Faktoren eine Rolle spielten als Zuneigung. Das ganze ähnelte eher einem Geschäft oder Zweckbündnis. Laut "Sachsenspiegel" von 1220 gehörte es zu den symbolischen Rechtsakten, dass eine Ehe erst dann als rechtmäßig geschlossen galt, wenn die frisch Vermählten zusammen und vor Zeugen ins Bett gestiegen waren und sich zugedeckt hatten, also unter einer Decke steckten. In den höfischen Ritterepen wird außerdem berichtet, dass auch Ritter eine Bettstatt teilten, wenn es, zum Beispiel bei Festen auf Burgen, zu wenige Kammern gab. Selbstverständlich jedoch schliefen nur Freunde, die sich trauten, dass heißt vertrauten, unter einer Decke. "Einen Korb geben" Ein weit verbreiteter Brauch im Mittelalter: Freiern, die unter dem Fenster ihrer Angebeteten standen, wurde ein Korb aus dem Fenster heruntergelassen. Darin konnten sie sich zu ihr hochziehen lassen. Einem nicht willkommenen Freier schickte die Dame einen Korb mit beschädigtem Boden, der unter dem Gewicht des Mannes dann heraus brach. Diese "bodenlose" Gemeinheit ließ den Liebhaber "durchfallen". Eine andere Variante der Abweisung bestand darin, das Hochziehen eines intakten Korbes auf halber Höhe zu stoppen, den Freier also "hängen zu lassen". "Eine Eselsbrücke bauen" Esel gelten als dumm und störrisch. Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Esel wissen genau, was sie wollen und was nicht, und dafür gibt es dann auch einen guten Grund. Zum Beispiel weigern sich Esel, auf einer Brücke, die keinen geschlossenen Boden hat, einen Fluss zu überqueren. Diese Vorsicht ist nur natürlich, denn das Tier weiß ja nicht, dass seine Scheu unbegründet ist. Im Mittelalter verstand man also unter einer Eselsbrücke eine Schwierigkeit, die nur für Dumme gilt, keine echte, sondern nur eine vermeintliche Gefahr. Diese Erklärung ging im Laufe der Zeit verloren, so dass man die Wendung heute genau umgekehrt versteht, dass nämlich für den Esel, also den angeblich Dummen, eine Hilfskonstruktion errichtet wird, die ihm hilft, eine Schwierigkeit zu überwinden. "Aus dem Stegreif" Dieses Substantiv reicht schon ins Althochdeutsche zurück. Der Begriff hat mit dem Stehen nichts zu tun und ist deshalb kein "Steh-Greif", sondern müsste "Steg-Reif" geschrieben werden. Es handelt sich um die alte Bezeichnung für den Steigbügel, der früher mehr wie ein Reif, also ein Ring, geformt war. Um größere Aufmerksamkeit zu erzielen, verlasen Kuriere oder Herolde die Botschaften ihres Herrn, ohne vom Pferd zu steigen. Sie erhoben sich vielmehr aus dem Sattel, blieben also in den Stegreifen, den Steigbügeln. Deshalb bezieht sich die Redensart auf den eiligen Reiter, der etwas erledigt, ohne abzusteigen. Später veränderte sich der Sinn dieser Wendung hin zum Spontanen, Improvisierten. "Die Kurve kratzen" Die mittelalterlichen Städte hatten enge Gassen, die eigentlich nur für Fußgänger und für von Eseln gezogene Karren gedacht waren. Als Kutschen aufkamen, hatten diese oft Schwierigkeiten, um die Ecken zu biegen, ohne die Wände der Häuser zu berühren, vor allem, wenn sie ein bestimmtes Tempo überschritten. Dann kratzten die vorstehenden Naben der Wagenräder an den Hausecken, oder die Seitenwände der Wagen beschädigten diese. Um das zu verhindern, ließen sich die Bewohner von Eckhäusern etwas einfallen. Sie ließen große Steinblöcke, auch "Kratzsteine" genannt, dicht an der Hausecke so in den Boden ein, dass sie weit emporragten. Die Lenker der Pferdewagen waren dann gezwungen, Abstand zu halten, wenn sie nicht einen Radbruch riskieren wollten. "Türmen" Das Gefängnis der Stadt, der Kerker, war im Mittelalter meist in einem der Stadttürme untergebracht. Es war sicher das Ziel eines jeden Häftlings, hier heraus zu "türmen". "Auf Heller und Pfennig" Ein Heller ist eine seit 1228 geprägte Kupfermünze, die nach der Stadt Schwäbisch Hall benannt wurde, während der Pfennig schon von Karl dem Großen als kleinste Münze eingeführt wurde. Wenn man also etwas "auf Heller und Pfennig" bezahlt, will man nicht die geringste Summe schuldig bleiben. Genauso ist jemand, der "keinen Heller wert" ist, auch heute noch ein nichtsnutziger Mensch, man könnte sogar sagen: "keinen Pfifferling wert", denn dieser Pilz war im Gegensatz zu heute so weit verbreitet, dass es sich nicht lohnte, ihn auf dem Markt zu verkaufen. Ein Deut war eine niederländische Münze und hatte den Wert von ungefähr 2 Pfennigen. Wer also "keinen Deut besser" ist, ist ein genauso schlechter Kerl. "Mit jemandem Deutsch reden" Das Wort "diutisc - deutsch" erscheint zum ersten Mal in einem althochdeutschen Dokument aus dem Jahre 786 und bedeutete damals in etwa "volksmäßig", im Gegensatz zum Lateinischen. Von "Deutsch" im heutigen Sinne kann dabei allerdings kaum gesprochen werden. Wir hätten dieses "Deutsch" nicht verstanden. Bis ins späte Mittelalter und in die Neuzeit hinein lebte Latein als Gelehrten- und Kirchensprache weiter und war dem Volk unverständlich. Die Reformation hatte nicht zuletzt dadurch Erfolg bei den Menschen, weil sie auf Latein als Gottesdienst-Sprache verzichtete. "Mit jemandem Deutsch reden" bedeutete damals, ""für jedermann verständlich" zu sprechen. "Geld bei etwas herausschlagen" Geld wurde im Mittelalter nicht mittels einer Presse hergestellt, sondern aus dem Metall geschlagen. Die Redewendung bedeutet also eigentlich, dass man z.B. aus einem Silberbarren durch einen Prägeschlag möglichst viele Münzen - heute würde man sagen, Kapital - "heraus schlägt". "In den Wind schlagen" Im "Sachsenspiegel" aus dem 13. Jahrhundert, dem ersten deutschen Rechtsbuch, wird beschrieben, wie damit umzugehen war, wenn ein Beklagter nicht zu einem gerichtlich angeordneten Zweikampf erschien. Ein Gerichtskampf war damals ein anerkanntes Mittel, ein Gottesurteil einzuholen. Wenn also der Kläger sich nicht mit dem Beklagten schlagen konnte, ging man davon aus, dass dieser damit seine Schuld eingestanden hatte. Damit aber der Kläger als Sieger vom Platz gehen konnte, musste er drei Mal in den Wind schlagen, was wohl als symbolische Kampf- Geste zu werten ist. Erst mit dieser Rechtsgebärde hatte er den Zweikampf offiziell gewonnen. Die typische "wegwerfende Handbewegung", die heute noch ausdrückt, dass man eine andere Meinung nicht akzeptiert, ist ebenfalls noch ein letzter Rest vom "In den Wind schlagen".